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Der am 9. April 2025 vorgestellte Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD „Verantwortung für Deutschland“ enthält wichtige Verbesserungen für Gastronomie und Hotellerie. Anzuerkennen ist auch das Tempo der Verhandlungen – 45 Tage nach der Bundestagswahl konnte das Arbeitsprogramm präsentiert werden. Deutschland braucht gerade jetzt eine handlungsfähige Regierung. Die Koalitionsparteien haben den Ernst der Lage und den enormen Handlungsdruck erkannt.

Nach dem Wahlergebnis war klar, dass es keine 1:1 Umsetzung von Wahlprogrammen oder Sofortmaßnahmen geben wird. Beim Ringen um Lösungen war Kompromissfähigkeit von allen Akteuren erforderlich. Gemessen an diesen teilweise völlig unterschiedlichen Prioritäten und Forderungen ist das Gesamtergebnis besser als erwartet. Natürlich gibt es Regelungsvorhaben, die nicht präzise formuliert sind, wo der Zeitpunkt der Umsetzung unklar ist und Entlastungen, die lediglich „gewollt“ oder „geprüft“ werden. Die Branche darf versichert sein: Wir werden uns zu allen Themen, die die von uns vertretenen Unternehmen betreffen, konstruktiv einbringen und uns klar positionieren.

Entscheidend ist jetzt, dass die angekündigten Reformvorhaben zügig und konsequent angepackt werden. Die Zeit drängt, viele Betriebe stehen mit dem Rücken zur Wand. Aus den Versprechen muss schnellstmöglich verbindliche Politik werden, damit unsere Branche mit ihren 200.000 gastgewerblichen Betrieben und zwei Millionen Beschäftigten nach fünf Jahren mit realen Umsatzverlusten wieder durchstarten kann.

Bewertung der wichtigsten branchenrelevanten Entscheidungen:

  1. Senkung der Umsatzsteuer in der Gastronomie zum 1. Januar 2026

Die Entscheidung, die Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie zum 1. Januar 2026 dauerhaft auf 7% zu reduzieren, ist eine zentrale und längst überfällige Maß- nahme zur Stärkung unserer Branche. Die 7%-Mehrwertsteuer schafft endlich steuerliche Gleichbehandlung gegenüber allen anderen Anbietern von Essen, sichert Existenzen, Arbeits- und Ausbildungsplätze sowie die kulinarische Vielfalt – in der Stadt wie auf dem Land. Das Ende der massiven Wettbewerbsverzerrung ist ein Erfolg, für den wir seit Jahrzehnten gekämpft haben. Natürlich wäre eine frühere Einführung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes wünschenswert gewesen. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens ist zweifelsohne auch Gegenstand eines Kompromisses. Aber im Gegensatz zu vielen anderen Vereinbarungen ist diese Maßnahme konkret mit einem Datum versehen. Das Entscheidende ist: Die 7% kommen – und zwar dauerhaft! Dieser Erfolg war keineswegs selbstverständlich. Es gab und gibt nach wie vor viele Kritiker aus der Politik und der Wissenschaft. Doch diesen sind wir mit unseren guten Argumenten entschlossen entgegengetreten. Wir haben unermüdlich gekämpft, uns zusammengetan und mit vereinten Kräften diesen gewaltigen Erfolg für die gesamte Branche erzielt! Dieser Meilenstein in der Verbandsarbeit ist das Ergebnis des engagierten Einsatzes der gesamten DEHOGA-Familie. Ein riesiges Dankeschön an alle, die dazu beigetragen haben!

  1. Einführung der Wochenarbeitszeit, elektronische Arbeitszeiterfassung und steuerliche Förderung von Mehrarbeit

Der DEHOGA begrüßt die geplante Einführung einer wöchentlichen statt täglichen Höchstarbeitszeit als überfälligen Schritt zu mehr Flexibilität – für Beschäftigte wie Betriebe. Diese Reform entspricht der Lebensrealität und dem Wunsch unserer Unternehmerinnen und Unternehmer ebenso wie vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Unser hartnäckiger Einsatz seit den 90er Jahren hat sich ausgezahlt. Entscheidend ist jetzt, dass die individuelle Entscheidungsfreiheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht von Tarifregelungen abhängig gemacht wird.

Kritisch sieht der Verband die vorgesehene Pflicht zur elektronischen Arbeitszeiterfassung. Für das Gastgewerbe, in dem bereits umfangreiche Dokumentationspflichten gelten, bedeutet eine pauschale Digitalisierung zusätzlichen Aufwand – ohne erkennbaren Mehrwert. Formfreiheit muss erhalten bleiben! Excel-Listen und Stundenzettel dürfen nicht verboten werden, neue Belastungen für kleine Betriebe sind zu vermeiden.

  1. Bürokratieabbau

Die Ankündigung, Bürokratie abzubauen und damit die Unternehmer spürbar zu entlasten, ist eine gute Nachricht. Positiv zu bewerten ist insbesondere das „Sofortprogramm für den Bürokratierückbau“ und hier vor allem die Abschaffung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes und die Reduzierung der EU-Nachhaltigkeitsberichterstattung. Auch die geplanten Erleichterungen bei Dokumentationspflichten in der Gastronomie und Hotellerie, die Reduzierung von Statistikpflichten, die angekündigte Vermeidung von Übererfüllung bei der Umsetzung von EU-Recht und Praxischecks im Gesetzgebungsverfahren sind ausdrücklich zu begrüßen. Das Ziel, die Bürokratiekosten um 25% zu senken, ist grundsätzlich positiv, hoffen wir, dass bis September erste Maßnahmen auf den Weg gebracht werden. Der DEHOGA wird sich für praxistaugliche und schnelle Umsetzungen einsetzen.

  1. Bedeutung der Mindestlohnkommission

Es ist gut, dass CDU, CSU und SPD sich im Koalitionsvertrag ausdrücklich zu einer wörtlich „starken und unabhängigen“ Mindestlohnkommission bekennen. Folgerichtig enthält der Koalitionsvertrag keine Vereinbarung zu einer Lohnhöhe. Die Koalitionäre halten einen Mindestlohn im Rahmen einer Gesamtabwägung (sowohl an der Tarifentwicklung als auch an 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten) von 15 Euro im Jahr 2026 lediglich für „erreichbar“. Wenn jetzt politisch Verantwortliche Zielvorgaben für die Lohnhöhe machen, ist das nicht nachvollziehbar. Löhne dürfen nicht zum Spielball politischer Interessen werden. Die Kommission trägt unter Berücksichtigung aller relevanten Aspekte Verantwortung dafür, dass der Mindestlohn keine nachteiligen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt entfaltet, Unternehmen nicht überfordert und Tarifverträge respektiert.

  1. Arbeits- und Fachkräftesicherung, insbesondere Erwerbsmigration

Der DEHOGA begrüßt den Abbau bürokratischer Hürden bei der Fachkräfteeinwanderung. Entscheidend ist das Tempo bei Visaverfahren. Es ist gut, dass die Prozesse durch eine verbesserte Arbeitgeberbeteiligung erleichtert werden sollen. Richtig ist zudem, dass im Sondierungspapier klar zwischen Arbeitskräftezuwanderung und irregulärer Migration unterschieden wird. Erwerbseinwanderung darf allerdings nicht auf Fachkräfte im deutschen Sinne begrenzt werden, sondern muss auch für Arbeitskräfte ohne formale Qualifikation möglich sein.

  1. Steuerpolitische Maßnahmen

Positive Signale für Entlastung sieht der DEHOGA mit Blick auf die Einführung einer degressiven Abschreibung, die Senkung der Körperschaftsteuer und die geplanten Verbesserungen der ertragsteuerlichen Behandlung von Personengesellschaften. Entscheidend ist die konkrete Ausgestaltung, gleiches gilt für die beabsichtigte Verbesserung der steuerlichen Begünstigung nicht entnommener Gewinne. Um die gewünschte Entlastung und Investitionsanreize tatsächlich wirksam umzusetzen, wird sich der DEHOGA im Sinne der Branche einsetzen. Die geplante Erhöhung des Gewerbesteuer-Mindesthebesatzes führt zu höheren Gewerbesteuern und ist abzulehnen.

  1. Abschaffung der Bonpflicht, Registrierkassenpflicht und digitale Zahlungsverpflichtung

Die Abschaffung der Bonpflicht wird ausdrücklich vom DEHOGA begrüßt. Die geplante Registrierkassenpflicht für Betriebe mit einem Jahresumsatz über 100.000 Euro ab 2027 wird vom DEHOGA differenziert bewertet. Sachgerecht ist eine Übergangsfist und der Schwellenwert. Sondersachverhalte sind zu klären.

Die Einführung einer digitalen Zahlungsverpflichtung – eine Option, wie sie von den allermeisten unserer Betriebe ohnehin bereits angeboten wird – sollte schrittweise und unter Einbezug der betrieblichen Realität erfolgen. Hinzu kommen berechtigte Sicherheitsbedenken. Es kommt auf die praxistaugliche Ausgestaltung der neuen Vorgaben an.

  1. Senkung der Energiepreise

Die Senkung der Stromsteuer als Sofortmaßnahme ist ein richtiger Schritt. Abzuwarten bleibt, wie die dauerhafte Deckelung der Netzentgelte gelingen kann, wenn gleichzeitig die notwendige Ertüchtigung der Netze gewährleistet werden soll. Aus Sicht des DEHOGA unverständlich ist die alleinige Fokussierung einer besonderen Entlastung von Industrieunternehmen (Industriestrompreis). Auch wenn die energieintensive Industrie stark von hohen Energiepreisen betroffen ist, trifft dies auf viele Unternehmen in der Hotellerie und Gastronomie ebenfalls zu.

  1. Tourismusförderung

Die geplante nationale Tourismusstrategie ist ein Schritt in die richtige Richtung – was sie den mittelständischen Betrieben tatsächlich bringt, muss sich aber erst zeigen. Der DEHOGA wird sich aktiv und konstruktiv in die Ausgestaltung einbringen. Klar bleibt auch: Ein Staatssekretär für Tourismus im Bundeswirtschaftsministerium ist überfällig, um der Bedeutung der Branche endlich gerecht zu werden.

Quelle: DEHOGA Bundesverband

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