Die Außengastronomie ist ein unverzichtbarer Bestandteil urbaner Lebensqualität – für Berlinerinnen und Berliner ebenso wie für Gäste aus aller Welt. Sie schafft Aufenthaltsqualität, belebt den öffentlichen Raum und trägt entscheidend zur wirtschaftlichen Stärke der Stadt bei. In den vergangenen Jahren kam es jedoch immer wieder zu Unstimmigkeiten zwischen Betrieben, Bürgern und Verwaltung – insbesondere in Bezug auf Öffnungszeiten, Sondernutzungen und Genehmigungspraxis.
Der DEHOGA Berlin und weitere Akteure haben beim Runden Tisch Tourismus mit dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner und Senatorin Franziska Giffey vereinbart, diese Themen gemeinsam anzugehen und Optimierungen – insbesondere im Sinne der Gastronomie und Veranstaltungsbranche – zu erarbeiten. Gemeinsam mit den Rechtsanwälten Dr. Claus-Peter Martens und Theresa Hörner der Berliner Kanzlei SAMMLERUSINGER, mit Rechtsanwalt Marcel Templin, Kanzlei Hafenanwälte und betroffenen Mitgliedern haben wir ein Eckpunktepapier erstellt, das beim Runden Tisch Tourismus vorgestellt und den zuständigen Senatsverwaltungen seit Jahresbeginn vorliegt. Ziel ist es, durch klare gesetzliche und verwaltungstechnische Regeln die Außengastronomie sowie Sondernutzungen für Veranstaltungen wirtschaftlich und nachhaltig zu stärken.
Mit den seit Mai 2025 geltenden neuen Ausführungsvorschriften zum Landes-Immissionsschutzgesetz Berlin wurden die Nutzungszeiten bereits in unserem Sinne angepasst – ein kleiner Zwischenerfolg, der zeigt: Wer aktiv gestaltet, kann Veränderungen erreichen. Wir bleiben im engen Dialog mit der Politik und setzen uns dafür ein, dass weitere für unsere Betriebe relevante Punkte umgesetzt werden – für unsere Mitglieder und für ein lebendiges, vielfältiges Berlin.
Theresa Hörner, Rechtsanwältin & Senior Associate bei SAMMLERUSINGER, unterstreicht:
“Ziel des Eckpunktepapiers war es von Beginn an, praxistaugliche und rechtssichere Lösungen zu liefern, die sowohl den Bedürfnissen der Gastronomie als auch den Anforderungen der Verwaltung gerecht werden. Die nun umgesetzten Änderungen zeigen, dass ein konstruktiver, gut vorbereiteter Dialog mit der Politik konkrete Verbesserungen bewirken kann – es lohnt sich daher genau diesen Weg konsequent weiterzugehen. Auch der aktuelle Sperrzeit-Beschluss des Verwaltungsgerichts betrifft viele unserer Mandanten ganz unmittelbar. Er schafft dringend benötigte Klarheit, dass Sperrzeitvorverlegungen als Ausnahme vom gesetzlichen Regelfall nicht bereits aufgrund abstrakter Lärmprognosen angeordnet werden dürfen, sondern es vielmehr einer umfassenden Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls bedarf. Hierbei sind auch die Ortsüblichkeit und allgemeine Akzeptanz der Geräuschkulisse in die Abwägung einzustellen. Das stärkt insbesondere gewachsene Ausgehviertel in Berlin.”
Klares Signal vom Verwaltungsgericht
Ebenfalls positiv: Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 8. Juli 2025 (Az. VG 4 L 66/25) erklärt die Vorverlegung der Sperrzeit für eine Gaststätte in einem der bekanntesten Berliner Ausgehviertel für rechtswidrig. Das Gericht stellte klar: Nur besondere, konkrete Umstände rechtfertigen Abweichungen von der gesetzlichen Regelsperrzeit – vereinzelte Beschwerden genügen nicht.
MEINUNGEN AUS DER BRANCHE
Thomas Wolf, Gastronom, Keyser Soze in Mitte:
“Sollte der Beschluss im Hauptsacheverfahren Bestand haben, wären Sperrzeitverkürzungen ohne zahlreiche Beschwerden und aktuelle Messungen – gestützt lediglich auf einzelne Nachbarn und fragwürdige Prognoseberechnungen – nicht mehr zulässig. Das würde bedeuten: Schluss mit willkürlichen Einschränkungen – und ein klarer rechtlicher Rahmen, der Gastronomie, Anwohnern und Verwaltung endlich Verlässlichkeit bietet.”
Michael Näckel, Unternehmer, fünf Papaya Restaurants in belebten Kiezen:
“Als Berliner Gastronom begrüße ich diesen Beschluss, weil er klarstellt, dass unsere gewachsene Außengastronomie nicht durch pauschale Sperrzeitverschärfungen gefährdet werden darf. Er setzt ein wichtiges Signal, dass die Besonderheiten und die soziale Akzeptanz unserer Kieze künftig stärker berücksichtigt werden müssen.”
Tim Hansen, Geschäftsführer, JÓMO Restaurant im Prenzlauer Berg:
“In lebhaften Kiezen wie der Kastanienallee, wo zumal die Tram und Autos fahren und sich viele Personen auf der Straße aufhalten, ist es nur zu gerecht, dass die Außengastro über 22.00 Uhr hinaus geöffnet sein darf. Wenn ich diesen Beschluss für uns bewerte, wird es in unserem Kiez vorerst nicht zu einer Verlängerung der Außengastronomie kommen, da sich auch bei uns viel entwickelt hat, aber die Straße an sich zu ruhig ist.”
Ein Anfang – aber noch nicht das Ziel
Die Ausführungsvorschrift, mit der die Genehmigung für den Betrieb der Außengastronomie bis 23:00 Uhr und an Freitag- und Samstagabenden bis 24:00 Uhr als Regelfall festgeschrieben wird, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Dennoch bleibt zur Herbeiführung verbindlicher Regelungen beispielsweise die vorgeschlagene Gesetzesanpassung des § 8 Abs. 2 LImSchG weiterhin erforderlich. Es ist kein einfacher Weg – wir bleiben jedoch konsequent an dem Thema dran und halten Sie auf dem Laufenden.
WUSSTEN SIE
1949 kippte Berlin als einzige deutsche Stadt die Sperrstunde dank des späteren DEHOGA Berlin. Damals hieß der Verband noch Gaststätten-Innung, und ihr Frontmann Heinz Zellermayer brachte den US-Stadtkommandanten zum Einlenken. Statt Polizeistunde gab‘s fortan freie Bahn für durchtanzte Nächte – nur zwischen 5 und 6 Uhr musste der Zapfhahn ruhen.
Diesen Beitrag finden Sie auch im Verbandsmagazin hogaAKTIV Ausgabe 8-9/2025



