Im Rahmen der gestrigen Ministerpräsidentenkonferenz haben die 16 Regierungschefinnen und -chefs der Länder zusammen mit dem Bundeskanzler ein 200-Maßnahmen-Paket für eine föderale Modernisierungsagenda beschlossen. Erklärte Ziele sind die grundlegende Erneuerung von Staat und Verwaltung, Abbau von Bürokratie, Beschleunigung von Verfahren und mehr Effizienz. Neben Zusagen für die Entlastung der Bürger und verwaltungsinternen Vorhaben z.B. im Bereich der föderalen Zusammenarbeit, der Cybersicherheit, digitaler Verwaltungsverfahren und generellen Standards zur besseren Rechtsetzung enthält die Agenda auch eine Reihe von Punkten, die bei Umsetzung die Unternehmen der Hotellerie und Gastronomie deutlich entlasten werden. Zusammen mit den bereits in der vorletzten Woche von der Bundesregierung beschlossenen.

Die Agenda enthält eine Reihe ganz konkreter Vorhaben, teilweise versehen mit konkreten, kurzfristigen Zeitplänen. An einigen Stellen bleibt sie allerdings in Belastbarkeit, Verbindlichkeit bzw. Geschwindigkeit hinter dem ursprünglichen Entwurf zurück. Für die Unternehmen der Hotellerie und Gastronomie sind insbesondere folgende Punkte von Bedeutung:

  • Berichtspflichten der Unternehmen in Bund und Ländern sollen um mindestens ein Drittel reduziert und gebündelt werden, so dass Unternehmen inhaltlich ähnliche Pflichten nur noch einmal und nicht mehrfach erfüllen müssen. Auch auf EU-Ebene sollen Berichtspflichten reduziert werden, als Beispiel wird die Nachhaltigkeitsberichterstattung genannt.
  • Ein großes Ärgernis für die kleinen und mittelständischen Betriebe des Gastgewerbe sind Dokumentationspflichten. Im nächsten Jahr sollen alle Dokumentationspflichten der Wirtschaft auf den Prüfstand. Erklärtes Ziel ist die Abschaffung von mindestens der Hälfte der Dokumentationspflichten. Grundsatz ist dabei die Abschaffung, Dokumentationen, die weiter erforderlich sind, müssen extra begründet werden. Konkret genannt wird die bereits im Koalitionsvertrag vereinbarten Bonpflicht.
  • Bei den Gefährdungsbeurteilungen bleibt der Beschluss hinter dem Entwurf zurück. Statt der ursprünglich vorgesehenen Begrenzung auf schwerwiegende Gefährdungen findet sich jetzt nur noch ein Prüfauftrag zur Vereinfachung, Flexibilisierung und Digitalisierung ohne Absenkung relevanter Schutzstandards. Das reicht unseres Erachtens nicht aus, zumindest für Kleinbetriebe müssen hier deutlichere Schritte gegangen werden.
  • Die Aushangpflicht verschiedener Gesetze und Unfallverhütungsvorschriften wird durch eine anlass- und bedarfsbezogene Information ersetzt.
  • Staatliche Kontrollen sollen reduziert werden. Risikoorientierte Ansätze sollen verstärkt und bei Verstößen die Sanktionierung verschärft werden.
  • Die Schriftform soll generell durch die Textform ersetzt werden. Das betrifft allerdings nur die Kommunikation zwischen Behörden und Bürger. Die insbesondere für größere, stark digitalisierte Unternehmen des Gastgewerbes belastende Ausnahme von der Möglichkeit digitaler Nachweise von Arbeitsbedingungen ist damit nicht angesprochen. Der DEHOGA setzt sich hier weiter für Gleichbehandlung ein, zuletzt z.B. in der Stellungnahme zur Schwarzarbeitsbekämpfung.
  • Dort, wo deutsches Recht über das EU-Recht hinausgeht, wird diese Übererfüllung (sog. Goldplating) zurückgeführt. Als Beispiele werden die deutsche Umsetzung der EU-Lieferkettenrichtlinie sowie das Bundesdatenschutzgesetz genannt.
  • Beabsichtigt ist bis Ende 2027 eine vollständige `Lastenumkehr` in fast allen Verwaltungsverfahren: Antragsteller sollen nicht mehr ohne Ende auf behördliche Entscheidungen warten müssen: Wenn ein Antrag vollständig eingereicht wurde, aber binnen von drei Monaten nicht beschieden wird, gilt er als bewilligt (Genehmigungsfiktion). Dazu kommt eine Vollständigkeitsfiktion: Die Dreimonatsfrist beginnt mit Antragstellung, unabhängig von der Vollständigkeit der Unterlagen. Außerdem sollen verstärkt Anzeige- statt Genehmigungspflichten eingeführt werden. Das könnte insbesondere die Gaststättenkonzession in den Bundesländern betreffen, die die Erlaubnispflicht noch nicht abgeschafft haben.
  • Antragsteller müssen zukünftig keine Auskünfte aus Zentralregistern oder Grundbuch mehr beibringen. Hier soll ein automatisierter Abruf durch die Behörde selbst erfolgen – allerdings erst 2028 oder 2029.
  • Ein echter Quantensprung könnte sich aus der Erkenntnis ergeben, dass es eines neuen mutigeren Umgangs mit geringen Restrisiken bedarf, um Deutschland schneller und effizienter zu machen. Es soll festgeschrieben, dass Unfallverhütungsvorschriften nicht nur zur Prävention erforderlich, sondern auch verhältnismäßig sein müssen. Das ist ein Ansatz, um zuletzt oftmals ausgeuferte technische Regeln auf einen vernünftigen Umfang zurückzuführen. Als Beispiele werden u.a. die Verwendung von Leitern, die regelmäßige Prüfung von elektrischen Betriebsmitteln durch eine Elektrofachkraft und die jährliche Überprüfung von Fahrzeugen genannt. Alle Verweise auf DIN-Normen in Gesetzen werden überprüft.
  • Filialisierte Unternehmen wird es zukünftig ermöglicht, einen zentralen Arbeitsschutzausschuss (ASA) am Hauptsitz einzurichten. Das hilft insbesondere Systemgastronomie und Hotelketten, die bisher in jedem einzelnen Betrieb einen ASA haben mussten.
  • Im Baurecht, Energierecht, im Verkehrsbereich und bei der Telekommunikation sind umfangreiche Vereinfachungen bei Planungs- und Genehmigungsverfahren geplant. Das Vergaberecht soll vereinfacht werden.
  • Ein Hauptkritikpunkt gastgewerblicher Unternehmen ist seit vielen Jahren der Datenschutz, denn dieser verhindert häufig digitales und effizientes Arbeiten. Die Agenda kündigt an, bis Ende 2027 die Aufsicht zu reformieren mit dem Ziel der Bündelung von Kompetenzen und von einheitlicher Rechtsauslegung. Die Pflicht zu Datenschutzbeauftragten soll eingeschränkt werden. Die europäische DSGVO soll praxistauglicher werden.
  • Auch die Länder bekennen sich zu der bereits von der Bundesregierung beschlossenen Work-and-Stay-Agentur für die Einwanderung in Arbeit, Ausbildung, Studium und Qualifizierungsmaßnahmen. Nach Einschätzung des DEHOGA liegt in einer durchgehenden, digitalen Prozesskette großes Beschleunigungspotenzial für alle Verfahren rund um Visa, Aufenthaltstitel und Anerkennungen.

Förderverfahren im Zuwendungsrecht sollen vereinfacht werden, z.B. durch die Abschaffung von Belegvorlagepflichten und Einführung von Pauschalsätzen.

Viele dieser Vorhaben sind geeignet, Zeit und Personalkosten in den Unternehmen zu sparen, die Umsetzung von Investitionsentscheidungen von Unternehmen zu beschleunigen und das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Staates wieder zu erhöhen.

Der DEHOGA wird darüber wachen, dass die Ankündigungen zeitnah angepackt und schnell und mutig umgesetzt werden. Wir werden bei jedem anstehenden Gesetz- oder Verordnungsverfahren mit Relevanz für die Branche auf Praxistauglichkeit und Bürokratiearmut hinweisen.

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