Die Mindestlohnkommission hat in dieser Woche einstimmig entschieden, den Mindestlohn ab 1. Januar 2017 auf 8,84 Euro zu erhöhen. Die Kommission war angehalten, sich am Tarifindex, der die in der Vergangenheit abgeschlossenen und ausgezahlten Tarifverträge berechnet, zu orientieren. Allerdings wurde bei der jetzigen Entscheidung als Zugeständnis an die Arbeitnehmerseite auch der jüngste Tarifabschluss für den Öffentlichen Dienst berücksichtigt, der erst im Juli ausgezahlt wird. Damit wurde eine Steigerung von 4 Prozent zugrunde gelegt. Nicht mit eingeflossen ist hingegen der Tarifabschluss der Metaller. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles hat bereits angekündigt, dass sie dem Kabinett einen Vorschlag vorlegen wird, um den Kommissionsbeschluss in eine Rechtsverordnung umzusetzen.
DEHOGA-Präsident Ernst Fischer kommentierte die Entscheidung der Kommission wie folgt:
„Die Geschäftsordnung der Mindestlohnkommission sieht vor, sich nachlaufend am Tarifindex des Statistischen Bundesamts zu orientieren. Genau dieses Vorgehen hat der DEHOGA immer wieder eingefordert. Konsequent wären 8,77 Euro gewesen. Der Kompromiss war ohne Zweifel schwer. Es bleibt zu hoffen, dass sich die nächste Anpassung eins zu eins an dem verabredeten Tarifindex orientiert und es keine Streitigkeiten über die Berücksichtigung des heutigen Zugeständnisses gibt.
Die Entscheidung stellt leider eine Fortsetzung der Eingriffe in die Tarifautonomie dar und macht erneut überproportionale Anpassungen in gastgewerblichen Tarifverträgen erforderlich. In 10 von 19 DEHOGA-Entgelttarifverträgen verzeichnet die Branche im Moment tarifliche Entgelte unterhalb von 8,84 Euro. Fünf davon haben Geltung über den 1. Januar 2017 hinaus.
Schon jetzt hat der Mindestlohn in einem großen Ausmaß Kosten und Bürokratie in die Höhe getrieben und Erträge gemindert. Laut DEHOGA-Branchenumfrage (Januar 2016) verzeichnen fast drei Viertel der Betriebe seit 1. Januar 2015 Personalkostensteigerungen. Hinzu kommen für rund zwei Drittel gestiegene Kosten für Lieferanten und Dienstleister. Der DEHOGA-Konjunkturbericht (Juni 2016) zeigt auf, dass knapp die Hälfte aller Gastronomiebetriebe trotz gestiegener Umsätze mit sinkenden Erträgen zu kämpfen hat. Das Mindestlohngesetz und die dadurch gestiegenen Personalkosten sind eine wesentliche Ursache dafür. Jeder zusätzliche Cent der Erhöhung vergrößert die Problematik, gerade für die Kleinbetriebe in den strukturschwachen Regionen im Osten Deutschlands.“
In den drei Tagen seit der Veröffentlichung des Beschlusses der Kommission gab es unterschiedlichste Reaktionen und Kommentare. Insbesondere Politiker der Linken sowie Verdi-Chef Bsirske kritisierten den eher moderaten Beschluss und forderten einen schnellen Anstieg des Mindestlohns auf 10 Euro. Solche Forderungen kritisierte der arbeitgeberseitige Sprecher in der Mindestlohn-Kommission, BDA-Hauptgeschäftsführer Dr. Reinhard Göhner, als „unverantwortlich, pure Illusion und jenseits der rechtlich verbindlichen Regeln“. Selbst bei einer überdurchschnittlichen Tarifentwicklung in den nächsten Jahren könne ein Mindestlohn von 10 Euro in keinem Fall vor Ende 2022 erreicht werden. Die Kritik aus den Gewerkschaften sei erstaunlich, da die Geschäftsordnung, die die Bindung an den Tarifindex festlegt, einstimmig beschlossen und auch jetzt noch einmal einstimmig bestätigt wurde. NGG-Vorsitzende Michaela Rosenberger ist eins von drei Gewerkschaftsmitgliedern in der Kommission.
DEHOGA Bundesverband/DEHOGA Compact 26/2016