Auch die Wirtschaft will ihren Beitrag leisten, um eine Gasmangellage zu vermeiden, von der alle betroffen wären.
Die Wirtschaft ist eine wichtige Säule für den allgemeinen Wohlstand und den sozialen Frieden: Mögliche Gasabschaltungen bei Unternehmen in einer Gasmangellage würden aufgrund der eng verflochtenen Lieferketten zu einer Kaskade von Produktionsausfällen führen und hätten weitreichende Folgen für die gesamte Gesellschaft. Deshalb müssen wir Anstrengungen unternehmen, um eine solche Gasmangellage zu vermeiden. Schon heute sind viele Unternehmen durch die insgesamt gestiegenen Energiepreise in ihrer Existenz gefährdet.
Alle Akteure müssen jetzt ihren Beitrag dazu leisten, Energie einzusparen. Dafür wollen wir kooperativ und partnerschaftlich Lösungen erarbeiten. Gleichzeitig bleibt es ein dringendes Ziel, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren und die Energiewende voranzutreiben. Nachhaltigkeit führt langfristig zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit unseres Standortes, zur Existenzsicherung von Unternehmen und damit letztendlich zum Erhalt von Arbeitsplätzen.
Sicher durch den Winter dank Energieeinsparungen im Schulterschluss
Berlin hat bereits heute den niedrigsten Pro-Kopf-Energieverbrauch und die höchste Energieproduktivität aller Bundesländer. Das zeigt, dass die Berliner Unternehmen Energie bereits heute effizient einsetzen. Diese positive Entwicklung werden wir fortsetzen. Die Unterzeichnenden streben an, den Energieverbrauch in der Wirtschaft um mindestens zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu verringern. Wo weitergehende Einsparmöglichkeiten bestehen, werden diese ausgeschöpft: Das Ziel ist zehn Prozent plus X.
Konkret schlagen wir neben den Einsparmaßnahmen, die der Bund mit der Verordnung vom 24. August 2022 beschlossen hat, folgende Maßnahmen zur Erreichung der Einsparziele für die Umsetzung in den Betrieben vor:
Die Raumtemperatur in den Betriebs- und Verwaltungsgebäuden der Unternehmen sollte auf den rechtlich zulässigen Mindestwert abgesenkt werden, mit gebotener Rücksicht auf Gesundheits- und Arbeitssicherheitsaspekte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Kühltemperatur von Klimaanlagen in Bürogebäuden sollte maximal zehn Grad unter Außentemperatur und nicht unter 24 Grad liegen.
Im Bereich "Gebäude und Beleuchtung" sollten – anhand vorliegender Checklisten – weitere niedrigschwellige Maßnahmen umgesetzt werden, zum Beispiel der Austausch von Leuchtmitteln, der Einbau von Bewegungsmeldern, der Verzicht auf Warmwasser in den Sanitäranlagen oder das Ausschalten von nicht-sicherheitsrelevanter Fassaden- und Wegbeleuchtung.
Energieeffizienzberatungen sollten in Anspruch genommen werden, um zusätzliche Einsparpotenziale in produktionsrelevanten Bereichen zu realisieren. Dazu gehören Kälte- und Lüftungstechnik, Pumpen und Motoren, Prozesswärme und Druckluft, die Informationstechnik sowie Digitalisierungsmaßnahmen in den Produktionsprozessen.
Alle Beschäftigten sollten hinsichtlich des effizienten Umgangs mit Energie sensibilisiert werden.
Die Nutzung alternativer und erneuerbarer Energiequellen für den Betrieb sollte intensiv geprüft werden, zumal deren Wirtschaftlichkeit mit dem Anstieg der Gas- und Ölpreise deutlich zugenommen hat. Der kurzfristige Wechsel von Energieträgern bedarf dabei einer schnellen und unbürokratischen Genehmigung.
Die Unterzeichnenden dieser Charta sehen sich in der Pflicht, die Unternehmen bei der Umsetzung dieser Maßnahmen zu unterstützen und setzen diese selbst im guten Beispiel um. Die unterzeichnenden Institutionen bringen zur Erreichung des Ziels, den Energieverbrauch um mindestens zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu senken, folgende Beiträge ein:
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Berlin erreicht im Bereich Energie mit ihren derzeit neun Formaten 1.500 Unternehmen im Jahr und befähigt sie damit, Energieeffizienzpotenziale zu heben. Ziel der IHK Berlin ist es, die Serviceformate auszubauen und 2.000 Unternehmen im Jahr zu erreichen.
Die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg unterstützen zusätzlich zehn ihrer Mitgliedsverbände darin, kurzfristig branchenspezifische Energiesparkampagnen aufzusetzen und sich dem Berliner Energiebündnis anzuschließen.
Die Betriebsberatung der Handwerkskammer Berlin informiert im Jahr rund 1.200 Handwerksbetriebe vertieft zu betriebswirtschaftlichen und technischen Themen. In diesen Beratungen wird in Zukunft ein spezieller Fokus auf Energieeffizienz gelegt und es werden mindestens 50 zusätzliche vertiefte Effizienzberatungen durchgeführt. Das digitale Instrument E-Tool ist speziell auf die Bedürfnisse von Handwerksbetrieben zugeschnitten. Es wird verstärkt beworben und zusammen mit dem Netzwerk der Gebäudeenergieberater im Handwerk (GiH) für die Energieberatung genutzt.
Gemeinsam mit dem DEHOGA Bundesverband unterstützt der Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) Berlin seine Mitgliedsunternehmen dabei, Energie effizient zu nutzen und einzusparen. Dies geschieht durch die Energiekampagne Gastgewerbe, die zahlreiche Handlungsempfehlungen zur Senkung der Energiekosten gibt. Der DEHOGA Berlin wird zukünftig monatlich mindestens ein Erklär-Video versenden und anlässlich der monatlichen ERFA-Runden (Mitgliedertreffen) Beratungsdienstleistungen anbieten.
Das Energiesparnetzwerk des Berliner Handels des Handelsverbands Berlin-Brandenburg unterstützt Einzelhändlerinnen und -händler bereits seit 2020 bei Energieeinsparungen und Klimaschutzmaßnahmen. Das Netzwerk bietet Interessenten hierzu informative Leitfäden und Checklisten an. Herzstück des Projekts bilden kostenlose Effizienzchecks. So können Händlerinnen und Händler nach Erhalt eines Gutscheins ihre Energiesparpotenziale vor Ort prüfen lassen. Das Energiesparnetzwerk wird weitere 75 solcher Effizienzchecks durchführen.
Die EnergieEinparInitiative Berlin – ein offenes Bündnis der Berliner Wohnungs- und Energiewirtschaft, des Handwerks sowie Energieberatungen – startet mit einem öffentlichkeitswirksamen Kick-off.
Das Land Berlin flankiert das Energiesparen über die „Koordinierungsstelle für Energieeffizienz und Klimaschutz im Betrieb“ (KEK) durch niedrigschwellige Unterstützung und Beratung von Unternehmen. Die KEK baut ihr Beratungsangebot aus. Zum 1. September 2022 startet darüber hinaus das neue Förderprogramm SolarPLUS. Das Programm eignet sich vor allem für Unternehmen, die größere Solarprojekte umsetzen.
Flankiert wird diese Selbstverpflichtung durch eine gemeinsame Plattform der Kammern und Verbände, die hier über ihre Informations- und Beratungsangebote in Kooperation mit den weiteren öffentlichen Stellen informieren und gleichzeitig weitere Einsparmaßnahmen aufzeigen.
Die Unterzeichnenden werden in den kommenden Wochen und Monaten den bereits begonnenen Dialog zwischen Politik und Wirtschaft verstetigen und hierzu ein Begleitgremium einrichten. Die Unterzeichnenden stehen den Unternehmen als Partner und Vermittler zur Verfügung.
Die Unterstützung dieser Charta steht weiteren Interessierten offen, die einen konkreten Beitrag zur Erreichung des Ziels zehn Prozent plus X leisten wollen.
Die Unterzeichnung der Charta steht ab sofort allen Institutionen offen, die sich dem Energieeinsparziel von zehn Prozent plus X anschließen und einen eigenen Beitrag für die Gesamtwirtschaft beisteuern möchten.
Franziska Giffey, Regierende Bürgermeisterin von Berlin: „Berlin ist bereits Energiesparmeister, wir verbrauchen im Vergleich aller Bundesländer am wenigsten Energie. Trotzdem müssen wir alle unseren Beitrag leisten, um noch mehr Ressourcen zu schonen. Für die öffentliche Verwaltung sind wir vorangegangen und haben ein umfassendes Maßnahmenpaket für Energieeinsparungen im Herbst und Winter beschlossen. Die Berliner Wirtschaft ist ein unverzichtbarer Partner, um unsere übergeordneten Energiesparziele für das Land zu erreichen. Deshalb danke ich sehr für dieses wichtige Bündnis und die gute Zusammenarbeit.“
Stephan Schwarz, Senator für Wirtschaft, Energie und Betriebe in Berlin: „Ich freue mich sehr über dieses breite Bündnis aus der Wirtschaft, das sich mit Blick auf den Ernst der Lage innerhalb kürzester Zeit zusammengetan hat. Die Charta ist ein klares Bekenntnis dazu, über verschiedene Branchen hinweg weitere Potenziale und Maßnahmen zum Energiesparen zu identifizieren und umzusetzen. Die Wirtschaft wird ihrer Verantwortung gerecht. Hier gehen wir in Berlin mit gutem Beispiel voran. Wir machen klar, dass wir alle gefordert sind Energie zu sparen, um gut über den Winter zu kommen.“
Sebastian Stietzel, Präsident, Industrie- und Handelskammer zu Berlin: „Angesichts historisch hoher Energiepreise müssen alle ihren Beitrag leisten. Berliner Unternehmen arbeiten bereits mit Nachdruck daran, ihren Energieverbrauch zu senken und ihre Energieversorgung nachhaltig auszurichten. Mit Unterzeichnung der Charta "Wirtschaft spart Energie" leistet auch die IHK Berlin ihren Beitrag, indem wir die Reichweite unserer Beratung zu Themen wie Energieaudits und Energieeffizienz von Unternehmen im Jahr erhöhen und damit bei der Realisierung noch vorhandener Einsparmöglichkeiten unterstützen.“
Stefan Moschko, Präsident, Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg e. V.: „Jede eingesparte Kilowattstunde Gas und Strom zählt. Wir sind sehr zuversichtlich, dass die Industrie in nennenswertem Umfang ihren Verbrauch reduzieren wird. Die meisten Unternehmen haben ihre Prozesse und Verfahren längst auf den Prüfstand gestellt. Das ist angesichts der exorbitant gestiegenen Preise überlebenswichtig. Nur mit einer möglichst effizienten Produktion bleiben die Betriebe wettbewerbsfähig. Alles, was kurzfristig Einsparungen bringt, wird gecheckt, von der Absenkung der Raumtemperatur bis hin zur intensiven Nutzung von Abwärme. Auch der Ersatz von Erdgas durch andere Brennstoffe („Fuel switch“) ist kurzfristig ein wichtiges Thema. Hier muss der Bund rasch für Rechtssicherheit sorgen. Die Behörden sollten die Umstellung mit schnellen und einfachen Genehmigungen ermöglichen.“
Carola Zarth, Präsidentin, Handwerkskammer Berlin: „Steigende Energiepreise sind Fluch und Segen zugleich. Oft können sie nur zum Teil an die Kundschaft weitergegeben werden, was im Extremfall zur Existenzgefährdung des Unternehmens führen kann. Andererseits erhöhen sie die Sensibilität für Energieeffizienz im eigenen Betrieb. Die Betriebsberatung der Kammer hilft den Handwerksbetrieben, mit geringinvestiven Maßnahmen kurzfristig Einsparungen zu erzielen. Gleichzeitig hat das Handwerk eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung der Energiewende. Die Hebelwirkung einer gedämmten Fassade oder einer neuen effizienten und richtig eingestellten Heizung ist oft noch größer, als die von Energiesparmaßnahmen im Betrieb. Davon profitiert die ganze Stadt.“
Björn Fromm, Präsident, Handelsverband Berlin-Brandenburg e. V.: „Der Einzelhandel investiert seit langem in Energieeffizienz und Klimaschutz. Gegenüber 1990 sind so bereits über 50 Prozent der schädlichen CO2-Emissionen gespart worden. In Berlin unterstützt der Handelsverband mit dem Energiesparnetzwerk des Berliner Handels die Kaufleute seit genau zwei Jahren mit praktischen Leitfäden & Checklisten, Workshops und kostenlosen Effizienzchecks in den Geschäften vor Ort beim Energiesparen. Diese Arbeit bauen wir aus und unterstützen so unsere Branche noch intensiver bei aktuell so wichtigen Einsparungen.“
Christian Andresen, Präsident, Hotel- und Gaststättenverband Berlin e. V.: „Seit Langem unterstützt der DEHOGA Berlin seine Mitgliedsunternehmen mit diversen Erklär-Videos und zahlreichen Handlungsempfehlungen dabei, Energie effizient zu nutzen und einzusparen. Zukünftig werden wir unseren Mitgliedsunternehmen auch eine professionelle Energieberatung anbieten.”
Link zur Homepage sowie der Charta mit allen Maßnahmen finden Sie hier: Berliner Wirtschaft spart Energie | (berliner-wirtschaft-spart-energie.de)