Hintergrund und Vereinbarung
Das Hotel- und Gastgewerbe ist in Berlin ein bedeutsamer Wirtschaftszweig und eine starke Ausbildungsbranche. Für die Gewährleistung "Guter Arbeit" und "Guter Ausbildung" sind neben dem gesetzlichen Rahmen auch die Arbeitsbedingungen von entscheidender Bedeutung. Betriebe kämpfen seit fast einem Jahr trotz gravierender Corona-Maßnahmen dafür, die Ausbildungsverhältnisse und Ausbildungsstrukturen zu erhalten. Gleichzeitig sind das Halten der eingearbeiteten Fachkräfte genauso wie die Sicherung zukünftiger Fachkräftebedarfe und vor allem gut qualifizierter Fachkräfte wesentliche Faktoren für den Bestand und die Entwicklung der Branche.
Angesichts der Folgen der Corona-Pandemie für Unternehmen und Auszubildende, wollen die Sozialpartner*innen im Hotel- und Gastgewerbe - die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Region Berlin-Brandenburg (NGG) und der Hotel- und Gastronomieverband Berlin e.V. (DEHOGA Berlin) - sowie die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales (SenIAS) in einer gemeinsamen Initiative die Corona-bedingten Auswirkungen für die betriebliche Ausbildung abmildern. Dazu haben sie eine sozialpartnerschaftliche Rahmenvereinbarung unterzeichnet.
Nicht nur der Verlust von Ausbildungsstellen, sondern auch die vorübergehende Unmöglichkeit praktische Ausbildungsteile anbieten zu können, führen zu Verzögerungen in der Ausbildung für die aktuellen Jahrgänge. Dies wird in den nächsten Jahren zu einem Vakuum im Bereich des Hotel- und Gastgewerbes führen, wenn viel weniger qualifizierte Fachkräfte nachkommen. Daher ist auch zentrales Ziel des Sofortprogramms (sowie der mittel- und langfristigen Ziele der Rahmenvereinbarung), die Qualität und Quantität der dualen Ausbildung zu stärken sowie die Standards und Rahmenbedingungen in der Branche zu erhöhen, als auch die Verbundausbildung stärker zu fördern.
Der Erwerb einer umfassenden Handlungskompetenz ist ein wesentliches Ziel der beruflichen Bildung und die Basis, den Auszubildenden im Hotel- und Gastgewebe eine hochwertige und attraktive Ausbildung mit Zukunftsperspektiven in der Branche anbieten zu können. Das Sofortprogramm "Ausbildungshotel" ist ein bundesweites Pionierinstrument im Land Berlin. Diese umfassende politische Botschaft setzt ein Zeichen für eine schnelle, unkomplizierte und praktische Umsetzung und Verantwortungsübernahme.
Erstmalig wurden Gespräche zur Bewältigung der Corona-bedingten Auswirkungen in der HOGA Branche im März 2020 geführt (DEHOGA Berlin, NGG, IHK Berlin, OSZ). Im Zuge der weiteren Überlegung wurden die Ideen zu Abmilderung der Krise öffentlich beim Arbeitsmarktgipfel Anfang Juli 2020 aufgegriffen. Daraufhin folgten weitere Gespräche zwischen NGG, DEHOGA und der Abteilung Arbeit und Berufliche Bildung der SenIAS. Das im November 2020 gestartete Berliner Sofortprogramm „Ausbildungshotel“ wurde dann Teil der sozialpartnerschaftlichen Rahmenvereinbarung (Teil 1), die langfristige Ebnung von Guter Ausbildung und Fachkräftesicherung für den HoGa Bereich im Land Berlin wurde im Teil 2 niedergeschrieben. Eine solche Vereinbarung in Form einer Absichtserklärung der relevanten Sozialpartner ist im Ergebnis erstmalig in Berlin geeint worden und am 01.02.2020 in Kraft getreten. Bereits mehrere Bundesländer haben das Konzept des Programmes bereits erfragt und möchten dies ebenfalls umsetzten.
Sofortprogramm „Ausbildungshotel“
Erstes Instrument der sozialpartnerschaftlichen Rahmenvereinbarung ist die erfolgreiche Einrichtung und Umsetzung des Berliner Sofortprogramms "Ausbildungshotel", welches die Corona-bedingten Auswirkungen für die betriebliche Ausbildung abmildern soll. Es bietet vor allem Jugendlichen, die von Verzögerungen bei der Ausbildung oder von einer Insolvenz betroffen sind, deren Betriebe z.B. ihren Betrieb einschränken mussten/müssen und infolgedessen die Ausbildung nicht plangemäß in der Praxis fortsetzen können, eine Auffanglösung zur Fortsetzung bzw. Abschluss ihrer praktischen Ausbildung.
Standorte
Das Sofortprogramm „Ausbildungshotel“, welches am 01.11.2020 im ersten Standort ABACUS Hotel unter der Trägerschaft der inab - Ausbildungs- und Beschäftigungsgesellschaft des bfw mbH startete, ist zum Ende Februar 2021 bereits mit 36 Plätzen voll belegt. Der zweite Standort im Albrechtshof (Albrechtshof Information Betrieb) unter der Trägerschaft der kiezküchen gmbh vom bildungsmarkt e.v. ging mit weiteren 48 Plätzen am 1.2.2021 an den Start. Die ersten Auszubildenden begannen dort am 01.03.2021 ihre Ausbildung, weitere Gruppen starten dort alle 14 Tage. Hierzu schließen Träger und Hotel einen eigenen Kooperationsvertrag, abgestimmt auf die örtlichen Voraussetzungen wie bspw. bereits vorhandenes Ausbildungspersonal, Mieten etc.
Die Nachfrage nach den Plätzen ist hoch, außerdem sind die Signale der Unternehmen eindeutig - es werden Überbrückungsplätze benötigt, also Angebote für 4-6 Monate sowie auch modulartige Angebote und Prüfungsvorbereitungen. Weitere Standorte werden gesucht, um alle geplanten 100 Plätze anbieten zu können.
Laufzeit und Finanzierung
Das Land Berlin finanziert das Projekt mit 100 Ausbildungsplätzen für 33 Monate aus Landesmitteln mit bis zu 2,7 Mio. Euro über die gesamte Laufzeit. Die Träger erhalten eine entsprechende Zuwendung auf der Grundlage eines Finanz- und Kostenplans.
Es gibt keine Verpflichtung oder Frist für den Träger zur „Rückvermittlung“ der Auszubildenden, es wird garantiert, dass eine im Sofortprogramm begonnene Ausbildung auch beendet werden kann. Geeinigt haben sich die Partner*innen aber in Form einer Absichtserklärung/Projektzielsetzung sowie in der sozialpartnerschaftlichen Rahmenvereinbarung, dass die Vermittlung in reguläre Ausbildungsbetriebe oberste Priorität hat.
Tarifliche Ausbildungsvergütung und Priorisierung
Im Falle der Corona bedingten Insolvenz/Kündigung/nicht angetretener Ausbildungsstelle wird ein Ausbildungsvertrag direkt mit dem Bildungsträger geschlossen und die tarifliche Ausbildungsvergütung über den Träger aus den Mitteln des Land Berlin geleistet.
Es gibt außerdem die Möglichkeit, z.B. wegen einer Lock-Down bedingten Schließung, Auszubildende auf Basis einer temporären Übernahme im Sofortprogramm „Ausbildungshotel“ unter zu bringen. Ist die praktische Ausbildung im Stammbetrieb nicht möglich, kann diese für 4-6 Monate vollumfänglich im Projekt geboten werden. Die Kosten für die praktische Ausbildung sind über das Projekt abgedeckt, vertraglich und vergütungsseitig verbleiben die Auszubildenden aber beim Stammunternehmen. Es wird ein Kooperationsvertrag mit dem Träger geschlossen und kann individuelle Regelungen umfassen. Bevorzugt werden hier Auszubildende aus Stammbetrieben mit tariflicher Ausbildungsvergütung, denn „Gute Ausbildung“ ist ein Leitmotiv des Projektes.
Nutzen Auszubildende nur gewisse Module im Ausbildungshotel (z.B. für bestimmte praktische Themen oder Prüfungsvorbereitung) zahlt der Stammbetrieb die Vergütung weiter und das Land Berlin übernimmt die Kosten für die Module (Durchführung, Personal- und Sachkosten etc.) beim Träger.
Es gibt außerdem eine sehr enge und flexible Zusammenarbeit mit den örtlich zuständigen Partner*innen (IHK, RD Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit, der zuständigen Berufsschule, dem OSZ Gastgewerbe, DEHOGA, NGG, weitere Senatsverwaltungen etc.). Begleitet werden die gesamte Sofortmaßnahme und die sozialpartnerschaftliche Rahmenvereinbarung durch eine Steuerungsgruppe aus den Vereinbarungspartnern, welche die qualitativen aber quantitativen Standards überwacht und steuernd eingreift aber auch inhaltlich weiterentwickelt.